Die postironische Generation
Nadia Ismail
ERZÄHLUNGEN DES AUGENBLICKS
In ihren Fotografien zelebriert Martina Sauter Gegenstände und Ereignisse des Alltages, die mit ihrer Fokussierung eine neue, mitunter rätselhafte Wandlung erfahren. Halbgeöffnete Türen deuten in den nächsten Raum und werden durch Verdichtung zu einem labyrinthischen Kabinett, dessen Winkel ins Nichts führen.
Die Lust am Beobachten, die Spannung des Voyeurs visualisiert Sauter in ihren Erzählräumen, deren Ausschnitt einen vermeintlich intimen Blick gestattet, um zugleich die Aufschlüsselung der Szenerie zu verweigern. Sauter schafft ihre Werke unter Verwendung eine kinematographischen Praxis, in der Alfred Hitchcocks personale Archetypen oder David Lynchs Bildsprache aufleuchten.
In der reliefartigen Montage zweier sich leicht überlagernder Bildtafeln verschmilzt der fiktive Erzählraum des Film(still)s mit der kulissenhaft inszenierten Situation des Realraumes im eigenen Atelier. Durch die dezidierte Auswahl des motivischen Ausschnitts überträgt die Künstlerin die Filmfiktion in die Wirklichkeit und verleiht ihr dank der perspektivischen Tiefenschärfe einen suggestiven Authentizitätsanspruch, der die Szene inhaltlich intensiviert. Der Abstand der Bildpaneele erzeugt hingegen eine dreidimensionale Distanz, die formal den filmischen Jump Cut in die Fotografie transportiert. Diese Gleichzeitigkeit von Brechen und Zusammenfügen stößt eine komplexe Medienreflexion an, die Sauters Handschrift entscheidend prägt.
In ihren jüngsten Arbeiten verwebt die Düsseldorfer Künstlerin Stilmittel der Nouvelle Vague, deren nonlineare Erzählweise eine stringente räumliche und zeitliche Verortung negiert, mit der abstrakten Kunst. Ihre Konzentration auf das Licht erscheint im fragmentierenden Umgang mit dem Interieur im menschenleeren Raum und löst vertraute Konturen bis zur Unkenntlichkeit auf. Das Auge der Kamera fungiert gewissermaßen als Pinsel, der die Bildausschnitte abstrahiert und Assoziationen an Farbfeldmalerei weckt.